Diagnose C16.2¶
Dienstag, 25. Oktober 2022
Hallo Freunde,
das Magengeschwür (sh. Von Studien, Häusern und Mägen) hatte es in sich, ich habe jetzt einen offiziell anerkannten Magenkrebs (Diagnose C16.2) im Stadium T3-N1-M0.
Aber ansonsten keine Komplikationen, ein Routinefall sozusagen, und mein Arzt in Tallinn versichert mir, dass die Behandlung (8 Monate Chemotherapie) erfolgreich verlaufen wird und ich wieder krebsfrei sein werde. Und im Homeoffice kann ich während der ganzen Behandlung ganztags weiter arbeiten. Das ist gut zu wissen für meine Kunden.
Das einzige Unangenehme ist, dass die Ärzte mir den Magen komplett entfernen wollen. Das soll gar nicht so schlimm sein wie es sich anhört. Es gibt Leute, die sich den Magen freiwillig entfernen lassen (Hier ein Beispiel).
Ich habe einige Wochen gebraucht, diese Nachricht zu „verdauen“. Bin nicht ganz sicher, ob ich den Ärzten vertrauen soll. Ich wundere mich zum Beispiel darüber, dass sie überhaupt nicht nach Ursachen suchen. Es könnte doch sein, dass ich Helicobacter pylori habe, aber das haben sie gar nicht getestet.
Und dann meine Frau. Cherchez la femme. Ly ist überzeugt, dass man einen Krebs auch ohne Operation wieder loswerden kann, wenn man nur die Ursache findet und beseitigt! So habe ich dann mögliche Ursachen und diverse radikale Änderungen in meinem Leben erwägt und ausgelotet, darunter Scheidung, Umzug nach Belgien oder ein neues Leben auf Manfreds naturnahem Hof. Aber all das wären erstens Ausflüchte statt Lösungen und zweitens mit Anstrengung verbunden. So wie ich mich kenne, werde ich den bequemsten Weg gehen.
Gestern war ich einen Tag lang im Krankenhaus für eine laparoskopische Voruntersuchung und schrieb einigen Freunden Grüße:
Dieser Tag ist ein Segen für mich. Schon morgens auf dem Weg hierher spürte ich das. Allein das Wissen, dass heute nichts, aber auch gar nichts, von mir erwartet wird. Die ca 4 Wartezeiten für administrative Fragen (Registrieren, Kleider abgeben, …) hatte ich quasi meditativ verbracht. Als ich auf die OP wartete, wurde mir bewusst, dass ich ständig in einem Zustand des Gebetes und inneren Friedens war. Als der Anästesist mir die Maske vorhielt und ich duselig wurde, sagte ich noch mit einem Schmunzeln „Na dann Tschüß bis nachher“. Gegen Mittag wachte ich auf und die Operation war schon beendet, jetzt liege ich in meinem Tageszimmer und genieße die Ruhe. Habe keine Schmerzen, aber überm Nabel ein Pflaster, und ich weiß ja, dass Dr Afanajev dort ein Loch geschnitten und mit einer Sonde eine Tour durch meinen Bauch gemacht hat. Also bleibe ich brav liegen und versuche gar nicht erst, ob ich mich schon aufrichten kann. „Wieviele OPs machen Sie hier so am Tag?“ hatte ich eine der Pflegerinnen im OP-saal nach dem Aufwachen gefragt. „Zur Zeit sind es nur ca 40 pro Tag. Und ca 5 pro Nacht.“ „Wow! So viele! Dabei scheint alles hier so ruhig und stressfrei“. Die jüngere Pflegerin antwortete „Der Stress ist hinter den Kulissen, den sieht man nicht“. Ich meinte dann noch „Aber Ihre Arbeit scheint Ihnen zu gefallen, zumindest habe ich den Eindruck.“
Also auch wenn das alles sich unerfreulich anhört: mir geht es im Grunde gut dabei, ich finde das interessant. Bitte betet für Ly und mich, dass wir die richtigen Entscheidungen treffen. Und macht euch keine Sorgen um mich, schaut euch lieber den Film The Letter an, der zeigt ein paar Leute mit echten Sorgen und selbst dort Gründe zur Hoffnung.
Wann meine Behandlung startet, ist noch nicht entschieden. Vielleicht komme ich vorher noch mal nach Belgien, um die Meinung der Ärzte in Leuven einzuholen.
Kennt zufällig jemand einen Arzt, der einen Magenkrebs im Stadium T3-N1-M0 ohne Gastrektomie behandeln würde?
Und wenn ihr in Eupen durch die Stadt spaziert, haltet die Augen offen, vielleicht trefft ihr unsere Mari. Sie hat jetzt vorerst genug vom Reisen und kommt am 7. November nach Hause zurück.
Liebe Grüße aus Tallinn senden
Luc & Ly