Von Studien, Häusern und Mägen

Hallo Freunde,

Mari war eine Woche in Eupen, inzwischen ist sie für zwei Wochen in Taizé, und danach will sie noch weiter durch Europa reisen. Wer das alles bezahlt? Na die Eltern natürlich. Zum Glück reist sie bisher relativ kostengünstig, weil wir so viele gute Freunde haben. Als ich damals nach meinem Abitur zwei Jahre lang Biologie in Namür studiert habe, war das für meine Eltern wahrscheinlich teurer als Mari jetzt für uns. Meine Mutter hat mal gesagt, dass in jedem ihrer Kinder so viel Geld wie ein Haus steckt. À propos Haus:

Wir verkaufen den Favrunpark 13, also das Haus, in dem ich mein halbes Leben lang gewohnt habe. Anzeigen sind seit heute online im Grenz-Echo und auf Immoweb. Beachte den Weihnachtsstern auf dem Foto, der genau ins ehemalige Schlafzimmer von Patrick, Bruno und mir zeigt.

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Über den Preis haben wir lange nachgedacht. Wir versuchen es zunächst mit dem „selbstbewussten“ Preis von 255.000 Euro. Immerhin eine super Lage, und einige Experten sagen, dass dieser Preis durchaus drin ist. Mach aber gerne ein Gegenangebot, falls du sehr interessiert bist. Geld ist ja bekanntlich nicht alles was zählt. Und wer weiß, ob sich zu dem Preis ein Käufer findet.

Noch im August hatten Ly und ich erwägt, das Haus eventuell zu übernehmen. Wir hätten es dann vermietet und hätten nebenbei ein pied-à-terre für den Fall, dass wir Estland mal aus politischen Gründen verlassen müssten. Aber ein komplettes Haus mit Garten auf Distanz zu vermieten ist offenbar nichts für uns, und selbst ein bisschen politischer Zoff würde uns nicht so schnell aus unserem Paradies vertreiben. Eher würde ich anfangen, Russisch zu lernen.

Wir verkaufen es eigentlich vor allem, damit meine Mutter und wir Geschwister uns in unseren Gesprächen endlich mal wichtigeren Dingen zuwenden können. Vielleicht findet meine Mutter vielleicht dann ja doch noch einen gewissen Frieden im Herzen, bevor sie in den Himmel kommt. À propos Frieden im Herzen:

Wie kriegt man Magengeschwür? Diese Frage stelle ich mir seit Montag wieder intensiver, nachdem die Ärztin im Krankenhaus von Pärnu so ein Ding in meinem Magen entdeckt hat. Die Ärztin meinte sogar, dass die Frage nach der Ursache für mich zur Zeit zweitrangig sei, es sei nämlich schon ein Tumor, und der müsse jetzt erst mal rausoperiert werden. Ich hoffe freilich, dass sie da den Teufel an die Wand gemalt hat. Aber so eine Neuigkeit gibt schon zu denken. Jetzt kann ich mir zum ersten Mal in meinem Leben den Teufel an der Wand ganz leibhaft vorstellen: vielleicht habe ich ja ein Krebsgeschwür und überall schon Metastasen, das wäre mal was Neues!

Stimmt, mit so was sollte man keine Witze machen, da gebe ich dir Recht. Und ich finde es ja auch gar nicht witzig, sondern denke ernsthaft darüber nach, was ich an meinem Leben ändern könnte. Natürlich muss ich jetzt wohl notgedrungen endlich (!) einsehen, dass ich es also doch nicht sein werde, der die Kirche und die Welt retten wird. Ich verdächtige auch seit Jahren immer mal wieder das Trinkwasser in Vigala. Aber das will Ly nicht glauben, sie hat stattdessen sogleich eine Null-Zucker-Diät empfohlen. Und dann habe ich begonnen, an meinem Schlafrhythmus zu arbeiten. In diesem Sinne wünsche ich euch und mir jetzt eine gute Nacht!

Luc

Donnerstag, 22. September 2022 (19:45 Uhr)