Das erste estnische Lied aus Taizé

Freitag, 23. August 2024

In Käsmu hatten wir dieses Jahr das neue Taizé-Lied „Pühas paigas“ gesungen. Wir sind natürlich begeistert, dass es in Taizé jetzt auch ein Lied aus Estland gibt. Ich finde das Lied sehr schön und musikalisch genial. Es lässt Sängerfest-Stimmung aufkommen. Ich habe ungefähr drei Lieder von Uusberg bei Rello mitgesungen („Igaviku tuules“, „Muusika“ und „Mis on inimene“).

Aber eines stört mich ganz gewaltig an diesem Lied: der verdrehte Inhalt. Psalm 63 beschreibt die Sehnsucht eines Menschen, der nach Gott sucht. Uusberg macht daraus den Triumphgesang eines Menschen, der Gott schon gefunden hat.

Psalm 63 (EÜ):

Gott, du mein Gott, dich suche ich, meine Seele dürstet nach dir.
Nach dir schmachtet mein Leib wie dürres, lechzendes Land ohne Wasser.
Darum halte ich Ausschau nach dir im Heiligtum, um deine Macht und Herrlichkeit zu sehen.
Denn deine Huld ist besser als das Leben, darum preisen dich meine Lippen.

Pärt Uusberg:

An heiligem Orte konnte ich dich sehen, deine Macht und Herrlichkeit spüren.
Mehr als das Leben ist deine Huld, dein Lob verkündet mein Mund.

Bemerkst auch du den Unterschied? Oder bilde ich mir den nur ein?

Ich reagiere schnell allergisch auf „triumphierende Gehabe“, weil ich es –wie Bibelvergötterung und Elitarismus– als Symptom für den „Sauerteig der Pharisäer“ deute.

Bemerkung

Ich bin mit der Einheitsübersetzung aufgewachsen, die Vers 3 mit den Worten „Darum halte ich Ausschau nach dir im Heiligtum, um deine Macht und Herrlichkeit zu sehen.“ wiedergibt. Die EÜ stimmt überein mit der English Standard Version „So I have looked upon you in the sanctuary, beholding your power and glory.“ Aber nicht alle Übersetzungen sind gleich. Die King James Version formuliert „To see thy power and thy glory, so as I have seen thee in the sanctuary“ was der Interpretation von Uusberg deutlich näher ist.