Zahnschmerzen statt Krebs

Mittwoch, 9. November 2022

Morgen werde ich Tallinn verlassen, in Vigala noch einige Sachen abholen, und dann bei Jean-Marie in Jädivere übernachten, bevor wir am Freitagmorgen Richtung Belgien losfahren. Die Nacht von Freitag auf Samstag planen wir in einem Hotel hinter Warschau zu schlafen.

Diese Nacht habe ich sehr wenig geschlafen, weil ich Zahnschmerzen hatte. Diese Zahnschmerzen hatten ungefähr Montag begonnen. Ich konnte sie nicht eindeutig lokalisieren. Glücklicherweise bekam ich schon gestern einen Termin beim Zahnarzt. Der Zahnarzt konnte keinerlei Kariesbefall feststellen. Hat ein bisschen Zahnstein entfernt und vorgeschlagen, dass ich nach meiner Belgienreise einen Milchzahn ziehen lasse, der mir im linken unteren Kiefer noch zwischen den großen Zähnen sitzt und vielleicht die Schmerzen verursacht.

Nach dem Besuch beim Zahnarzt wurden die Schmerzen noch heftiger. Der ganze linke Kiefer tat weh. Diese Nacht begann ich deshalb, nach „zahnfleisch entzündung“ zu suchen und las erstmals über Parodontitis und den „Zahnhalteapparat“. Ja, das passt! Das sind meine Schmerzen!

Unter anderem lese ich auch folgendes:

Eine Entzündung im Mundraum kann tückisch sein: Häufig spürt man nichts davon. Ein toter Zahn oder eine Entzündung des Zahnhalteapparates (Parodontitis) können das Immunsystem dauerhaft strapazieren, ohne Schmerzen zu verursachen. Immer wieder verteilen sich dann Bakterien aus dem Entzündungsherd oder Entzündungsbotenstoffe über das Blut im ganzen Körper. (Quelle: netdoktor.de)

Das passt noch besser. Jetzt nachdem ich das gelesen habe, erinnere ich mich, dass ich diese Schmerzen im linken Kiefer schon seit längerem ab und zu mal hatte, aber aber nur kurz und nie so heftig wie am Montag.

Und jetzt muss ich euch was anderes erzählen. Am Montag ist bei uns einiges passiert. Erstens landete Mari um 12.30 Uhr in Tallinn, nach neun Monaten im Ausland. Und zweitens hatten Ly und ich eine Sitzung bei einer Wunderheilerin namens Evelin. Ly und Evelin funktionierten auf Anhieb sehr gut zusammen, Ly wurde gleich als Assistentin mit einbezogen. Zwei Hexen auf einmal kümmerten sich um mich! Evelin „tat“ nichts anderes als Handauflegen. Der eigentliche Effekt kommt durch das, was dabei gesprochen wird. Und Evelin hat ein Talent, die heißen Themen beim Schlawittchen zu packen. Ob der Tumor sich dadurch beeindrucken ließ, sei dahingestellt, aber für unsere Paarbeziehung war es wahrscheinlich heilsam.

Evelin hat mir auch eine geistige Übung beigebracht: ich stelle mir vor, was in meinem Körper vorgeht, wie die weißen Blutkörperchen etwas ratlos um meinen Tumor herumstehen und denken „Hier stimmt was nicht! Diese Zellen da sind verdächtig!“. Aber der Tumor hat ja die offizielle „Parole“ (chemische Signale), die ihn als Freund ausweist und vor dem Angriff schützt. Und ich rufe den Blutkörperchen zu: „Die Parole allein reicht nicht! Lasst euch dadurch nicht abhalten! Findet den Trick raus, wie ihr den Feind erkennen könnt! Es gibt irgendein Molekül, das ihn verrät!“

Also die Erklärung für meine Zahnschmerzen könnte sein, dass mein Immunsystem das Molekül im Tumor entdeckt und zur Generalmobiliserung aufgerufen hat, wodurch die Frontlinie im Mund seit Montag etwas vernachlässigt wird und deshalb schmerzt :-)

Überraschenderweise spüre ich heute keine Symptome des Tumors mehr. Diese Symptome (Essen bleibt in der Speiseröhre stecken, Magen meldet dass er voll ist, obschon er leer ist) hatte ich konstant seit Ende August. Ich hatte mich schon daran gewöhnt. Und jetzt sind sie plötzlich nicht mehr da. Vielleicht ist es nur Einbildung.

Haha, manche Freunde reagieren erschrocken wenn sie hören, dass ich zu einer Wunderheilerin gehe. Evelins geistige Übung ist in der Tat wahrscheinlich nicht „von der Kirche anerkannt“ und sie arbeitet nicht „im Namen Jesu“. Aber das ist dem Lieben Gott egal. So glaube ich jedenfalls.

Gegen die Zahnschmerzen habe ich vielleicht auch was gefunden: Öl ziehen - Pflanzenöle zur Behandlung der Parodontitis. Manfred macht das schon seit eh und je, jeden Morgen 20 Minuten lang. Bisher habe ich das eher ungläubig betrachtet, aber jetzt kann ich es am eigenen Leib ausprobieren.

Diverses

Eine Freundin schickte mir einen Link From Stage 3 Colon Cancer to NO Cancer Detected in 4 Months wo ein Dr. Eric Berg einen Fred Evrard interviewt, der seinen Darmkrebs innerhalb von 4 Monaten durch Fasten geheilt haben will. Fred Evrard erzählt auch sowieso viel über seine Erfahrung: How my Immune System beat Cancer - Cancer Free in 4 months. Das Wichtige dabei ist die Botschaft, dass es Wunder gibt! Die Filme habe ich nicht zu Ende geschaut, weil ich mir nicht vorstellen kann, Freds recht martialische Methoden anzuwenden.

Ich hatte auch eine Mail an einen Onkologen geschrieben:

Ich lebe seit 20 Jahren in Estland und habe im September ein Magenkarzinom (T3N1M0) diagnostiziert bekommen. Die Ärzte in Tallinn sagen klipp und klar: insgesamt 8 Monate Chemotherapie und Gastrektomie. Und statt an ihrer Kompetenz zu zweifeln solle ich lieber froh sein, dass ich gute Chancen habe, wieder krebsfrei zu werden. Ich habe aber trotzdem auf eigene Kosten einen Termin in der Uniklinik Löwen gemacht, um eine zweite Meinung einzuholen. Dieser Termin ist am 16.11. Ich füge zwei Übersetzungen der Berichte bei, einmal EN und einmal FR.

Meine naive Frage an Sie: sehen Sie irgendwelche Gründe zur Hoffnung, dass ich einer Gastrektomie „entkomme“? Macht es Sinn, dass ich Sie mal sprechen komme, wenn ich nächste Woche in Eupen bin?

Seine Antwort war klar: „Ihre Ärzte haben Recht.“ Diese Aussage wird mir helfen, mich mit meinem Schicksal abzufinden, falls das Wunder nicht eintrifft. Bis zum Termin in Löwen hoffe ich noch ganz bewusst auf ein Wunder, und danach werde ich also höchstwahrscheinlich mit der Chemotherapie in Tallinn beginnen.

Am Samstagabend habe ich die Krankensalbung empfangen, von Pater Tomasz in der Kappelle der Peter- und Paul-Kathedrale.