Samstag, 18. Mai 2019

Am Dienstag habe ich den Kaufvertrag unterschrieben für unser neues Auto: ein Madza mit Dieselmotor und sieben Sitzen aus dem Jahr 2013. Schlüsselübergabe ist für Montag geplant. Den Meriva habe ich am Tag darauf per Handschlag an einen Freund verschenkt.

Diese Woche habe ich einige Stunden mit einem interessanten Menschen telefoniert. Ein Investor, der hobbymäßig ein umfangreiches ERP-System entwickelt hat, das weltweit an 6 Stellen mit bis zu 200 Benutzern läuft.

Seit Monaten arbeite ich nun schon an den Kooperationsrichtlinien für Lino und mache mir viele Gedanken über die Aufgaben und Verantwortungen der einzelnen Akteure bei einem Lino-projekt. Da gibt es die Direktion des Betreibers und die Endbenutzer, aber vor allem auch eine Person, die ich bisher einfach nur „Kontaktperson“ nenne. Was diese Person alles tun darf und soll, das ist nicht immer einfach zu klären.

Seit Monaten arbeiten Ly und ich jetzt schon an der Renovierung unserer kleinen Wohnung am Bushof von Tallinn, die schon seit Januar keine Miete reinbringt. Ly renoviert liebevoll und mit künstlerischer Ruhe, und ich versuche, sie mit finanzwirtschaftlichen Überlegungen zur Eile zu drängen, aber da stoße ich bei ihr auf Granit bzw. fülle meinen Wein in ein Fass ohne Boden.

Gestern war ich als Gesandter der Gemeinde von Vigala auf der Synode des Kirchenkreises Pärnu. Da habe ich mal wieder viel Interessantes gehört und gesehen zum Thema Führungsstil.

Hier in Estland gibt es eine gut gemachte Web-Börse für Gebrauchtwagen (http://auto24.ee). Wer einen Gebrauchtwagen verkaufen will, trägt ihn dort ein. Auch Händler tun das. Ich gebe meine Suchkriterien ein und kriege eine Liste von Kandidaten.

Die Besetzung einer Stelle ist ein bisschen wie ein Autokauf. Wer soll an dieser Stelle unserer Organisation stehen? Welche Kompetenzen muss er haben? Auch für solche Fragen gibt es in Estland eine Börse (http://cv.ee). Die hat allerdings keine so deutliche Monopolstellung wie die Autobörse.

Menschen sind viel komplexer als Autos. In einer Jobbörse stellt man sich noch deutlich mehr Fragen. Welche Hindernisse darf er nicht haben? Soll es eher ein Visionär sein, oder eher ein Beamter? Muss er Teamplayer sein oder eher Befehler?

Und selbst wenn dir ein Vermittler diese Auskünfte (zu einer bestimmten Person) gibt, dann musst du nachprüfen, woher die Information kommt. Eine brauchbare Stellenbörse müsste sich auf darum kümmern.

Eine brauchbare Stellenbörse müsste sich Wortschatz wie den folgenden definieren (nur eine spontane unkomplette Liste):

Ein Visionär ist einer, der eigene Visionen und Träume hat. Ein echter Visionär lässt sich auch durch fehlende Begeisterung seiner Mitmenschen nicht von seinen Träumen abhalten. Er kämpft weiter, dringt mutig in unbekannte Gegenden vor, vertraut auf seine Intuition, wird auch Pionier oder progressiv genannt.

Die Aufgabe eines Beamten besteht darin, eben keine persönlichen Visionen zu haben, sondern „Anweisungen“ von „oben“ zu gehorchen, schriftlich vereinbarte Visionen in die Tat umzusetzen, kein Pionier zu sein, sondern auf dem altbewährten Weg zu bleiben.

Ein Visionär ist selten ein guter Teamplayer. Ein Teamplayer muss sich in eine vereinbarte Vision einordnen können, Rechenschaft abgeben über seine Entscheidungen. Das empfindet der Visionär eher als lästige Verwaltungsarbeit.

Ein Teamplayer muss mit offenen Karten spielen. Es geht nicht, dass du an einer Stelle etwas erzählst und zugleich an anderen Stellen Dinge tust, die nicht damit vereinbar sind.

Ein Direktor muss delegieren können. Er darf die Arbeit nicht selber erledigen, sondern muss andere damit beauftragen und kontrollieren, ob sie gut arbeiten. So gesehen sind bequeme Menschen gute Direktoren. Aber sie dürfen natürlich nicht auch noch denkfaul sein.

Beobachtung am Rande: Mir scheint, dass Beamten als Direktor „in“ sind und Visionäre sehr schnell abgesetzt werden. Sind wir auf dem Weg in eine digital und weltweit organisierte Bürokratie? Und wo bleibt Gott? Bauen wir den nächsten Turm zu Babel?

Oder liegt diese Entwicklung quasi in der Natur der Sache: Teamplayer-Sein ist nun mal eine Grundvoraussetzung für jeden Direktor in einer digital offenen Gesellschaft.

Thiens: Scheinbar gibt es bisher kein Wort für die Kombination von „digital“ und „offen“.