Zwischen Christen und Atheisten¶
Montag, 13. August 2018.
Vergangene Woche bin ich also in zwei sehr unterschiedlichen Welten gewesen: Bibellager bei Viljandi und Mit dem Männerchor auf die Insel. Und in beiden habe ich mich wohl gefühlt.
Beinahe hätte ich dem Männerchor abgesagt und diesen Ausflug verpasst, weil er sich um einen Tag mit dem Bibellager überschnitt. Ein Bibellager halte ich von der Zielsetzung her für sinnvoller als einen Männerausflug mit Besäufnis. Außerdem war das Bibellager schon seit Monaten zugesagt und bezahlt, als der Männerausflug angekündigt wurde. Als am zweiten Bibellagertag die Erinnerung kam „Männer, am Samstagmorgen geht es los“, da war meine erste Antwort „Fahrt ohne mich!“
Dass es dennoch anders kam, liegt am Zusammenspiel mehrerer subtiler Faktoren: zum Beispiel hatte ich es versäumt, dem Männerchor beizeiten abzusagen. Nicht mitzufahren wäre quasi mein Austritt geworden. Außerdem war Iiris am vierten Lagertag mit ihrer neuen Freundin Nelli so fest zusammengewachsen, dass sie mich gehen ließ. Noch einen Tag zuvor hatte ich ihr abends die Sache erklärt und ihr versprochen, dass ich sie nicht gegen ihr Einverständnis alleine lassen würde.
Gut, dass es so gekommen ist. Denn auf dem Bibellager bestand meine Hauptaufgabe darin, die jungen Leiter zu bestätigen und ihnen zu zeigen, dass ihre Arbeit gut und wichtig ist. Am vorletzten Lagertag war dieser Job eigentlich erledigt. Ich war nicht mehr wirklich nötig. Aber in einem Dorf wie Vigala 20 Männer zu einem Chor zu sammeln ist ein soziales Meisterwerk, dessen Bestehen oder Vergehen von jedem einzelnen abhängt, insbesondere von Typen wie mir, die Noten lesen können.
Ich sehe sogar einen theologischen Grund, warum dieses geistige Streching gut ist. Gläubige Menschen unterliegen der ständigen Versuchung, sich für besser als die „Ungläubigen“ zu halten, die nicht ständig beten und „Gott, Gott!“ rufen. Aber gerade wir Christen kriegen durch Jesus deutlich gezeigt, dass wir uns vor dieser Geisteshaltung hüten müssen: Hütet euch vor den falschen Propheten; sie kommen zu euch in Schafskleidern, im Inneren aber sind sie reißende Wölfe. An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen. Erntet man etwa von Dornen Trauben oder von Disteln Feigen? Jeder gute Baum bringt gute Früchte hervor, ein schlechter Baum aber schlechte. Ein guter Baum kann keine schlechten Früchte hervorbringen und ein schlechter Baum keine guten. Jeder Baum, der keine guten Früchte hervorbringt, wird umgehauen und ins Feuer geworfen. An ihren Früchten also werdet ihr sie erkennen. Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr! Herr!, wird in das Himmelreich kommen, sondern wer den Willen meines Vaters im Himmel tut. (Mt 7,15-21)