Jahrestag der Mariengemeinde Vigala¶
Sonntag, 6. September 2015. Unsere Gemeinde ist 676 Jahre alt geworden.
Wie voriges Jahr haben wir das als Anlass zu einer Prozession genommen. Allerdings war die Prozession dieses Jahr etwas kleiner:
Wer unsere Prozession auf diesen Fotos jetzt lächerlich findet, dem sei gesagt, dass das für alle Beteiligten trotz allem ein erstaunlich heilsames Erlebnis war. „Wohin gehst, du Wanderer? Wohin der König mich leitet, denn ich reise in seiner Heilsarmee…“ sangen wir. Ja, hier in Vigala sehen wir aus wie das Überbleibsel eines aussterbenden Glaubens in einer großen ungläubigen Welt, aber immerhin waren der Bürgermeister und seine Frau mit dabei. Und –dank Iiris– lag auch unser Durchschnittsalter noch in den besten Jahren.
In der Kirche holte Andres Uibo mal wieder ganz andere Klänge aus der berühmten Orgel, als wir das von Aili gewohnt sind. Nicht dass Aili ihren Job nicht gut macht, aber Andres Uibo ist nun mal ein Kaliber, von dem unser Dorf nur träumen könnte, wenn der Mann nicht zufällig hier geboren wäre.
Kristiina predigte zum Thema Dankbarkeit. Im Allgemeinen mag ich ihre Predigten, aber heute stellte sich diese Frage nicht, denn ich hatte Iiris dabei, und in lutherischen Gottesdiensten ist es nicht üblich, sich an dieses Lebensalter zu richten.
Von der Predigt bekam ich also nur den Anfang mit, weil ich dann mit Iiris vor die Kirche ging und eine spontane Sonntagsschulstunde abhielt. Gemeinsam schrieben wir einen „Geburtstagsgruß an die Gemeinde“, den ich später zum Schluss des Gottesdienstes vortrug:
Liebe Gemeinde! Die Sonntagsschule ist toll, denn dort können wir spielen und basteln. Auch mit den Hunden spielen wir gerne. Es ist schön, auch andere Menschen von Jesus erzählen zu hören (nicht immer nur Papa). Und dass wir zusammen essen, denn vom Spielen wird man ja hungrig. Die Kleinen spielen zwar unter sich, aber die Großen kümmern sich auch um uns. Manchmal spielen wir sogar zusammen. Wie in einer Familie. Einmal haben die Großen ein Botschaftenspiel für die Kleinen vorbereitet, und die Botschaft am Ende war: „Jesus lebt!“. Viel Glück zum Geburtstag!
Nach dem Gottesdienst pflanzten wir feierlich eine „Marienbirke“ neben der Kirche. Genauer gesagt war es eine karelische Maserbirke, aber in Estland werden sie „Maarjakask“ (Marienbirke) genannt. Es handelt sich dabei um eine scheinbar nur in Schweden, Finnland, Estland und Russland vorkommende erbliche Mutation der Hänge-Birke mit dichtem Geäst und der –wissenschaftlich nicht bestätigten– Eigenart, dass sie nur dort wachsen, wo noch der Klang von Kirchenglocken hin gelangt. Es gibt sogar eine Vereinigung (Maarjakase Selts), die sich dem Schutz und der Verbreitung dieser seltenen Variante verschrieben hat. Ebendiese Gesellschaft hatte dann auch den Baum als Geburtstagsgeschenk gestiftet.
Nach getaner Arbeit gab es Kaffee und Kuchen.
Noch während des Essens trafen weitere Gäste ein, denn um 14 Uhr begann ein Konzert, zu dem Andres auch in diesem Jahr wieder hochkarätige Musiker engagiert hatte. Aber darüber kann ich leider nichts schreiben, denn für Iiris war es nun genug des Feierns. Und sicherlich war die ganze Gemeinde ihr dankbar, dass sie als tapfere Vertreterin der Jüngsten so gut mitgepielt hatte. Wir fuhren nach Hause.
Worum bete ich nach so einem Tag? Für unsere Gemeinde, dass sie Leben in nachhaltiger Liebe praktiziert und vorlebt. Für unsere Pastorin, um Erfolgserlebnisse auf ihrem Weg zu den Menschen. Für die Menschen von Vigala, dass sie die Freude der christlichen Botschaft entdecken und mithelfen beim Verkünden.