Wer die Welt regiert¶
Samstag, 15. November 2025
Während unser Leben hier in Estland ruhig vor sich hin plätschert, sieht das allgemeine Weltgeschehen ja eher besorgniserregend aus.
„Microsoft spielt eine enorme Rolle in unserem digitalen Alltag. Doch nur wenige wissen, wie das Unternehmen hinter Windows, Office und Teams so mächtig geworden ist, dass es nicht nur unsere Computer am Laufen hält, sondern auch immer mehr Einfluss auf Politik, Wirtschaft und Gesellschaft ausübt. Die großen Technologiekonzerne verfügen heute über mehr Macht als die meisten Länder und handeln dementsprechend.“ stellt De Bezige Bij ein Buch vor. „Durch die Trump-Regierung hat die Frage der Tech-Souveränität an Dringlichkeit gewonnen. Am Ende gilt für die US-Konzerne immer das US-Recht“ überschreibt Heise ein Gespräch mit Ralph Brinkhaus.
Lanz & Precht hatten vorige Woche ein interessantes Gespräch in ihrer Ausgabe 218 (Mit der Kettensäge regiert – mehr Milei wagen?). „Der argentinische Präsident Javier Milei tritt gerne mit einer Kettensäge auf. Damit will der Ökonom den Staat zurechtstutzen, Bürokratie abbauen, Ausgaben senken und so das wirtschaftlich angeschlagene Land reformieren.“
Mein Fazit:
Theoretisch ist der Fall klar: die Menschheit braucht eine Organisation, die als oberster Ratgeber für alle Mächtigen der Welt fungiert und deren Macht einzig darauf beruht, dass sie die unparteiischste und bestinformierteste Organisation der Welt ist. Ich kann mir sogar vorstellen, dass diese Organisation aus der Kirche heraus entsteht, und zusammen mit Annely, Ilmar und Stiiv hatten wir in unserem Bericht Synodality in Estonia auch einige konkrete Vorschläge in diese Richtung erarbeitet, die ich hier zur Erinnerung mal in deutscher Übersetzung zitiere:
Schritt 4: Unsere politische Rolle einnehmen
(80) Die politische Rolle der Kirche besteht darin, den Regierenden der sichtbaren Welt Orientierung zu geben. Wir sollten uns auf Probleme konzentrieren, die sichtbares Leid und Schaden für große Menschengruppen oder die Erde als unser gemeinsames Zuhause verursachen.
(81) Fratelli Tutti weist darauf hin, dass die großen Probleme der Menschheit mit Geld und Industrie zu tun haben. Rechtssysteme, die es Konzernen ermöglichen, auf Kosten anderer Profit zu machen, sind sündhaft. Wir tragen eine gemeinsame Schuld, weil unsere Zivilisation diese Gesetze geschaffen hat. Gott beauftragt uns, die Welt zu regieren (Genesis 1,26). Geld und die „unsichtbare Hand“ können diese Aufgabe nicht für uns übernehmen, denn sie sind lediglich Werkzeuge und Infrastrukturen, die für gute oder böse Zwecke eingesetzt werden können.
(82) Unsere Regierungen geben privaten Konzernen die rechtliche Erlaubnis, Profit zu machen, indem sie Dinge kultivieren, die für uns als Menschen oder für unseren Planeten schädlich sind.
Die Medienindustrie profitiert, wenn Menschen sich erregen und Hassreden halten oder Lügen verbreiten.
Die Medizinbranche profitiert, wenn sexuelle oder kosmetische Fantasien schädliche Wünsche hervorrufen.
Die Unterhaltungs-, Technologie- und Lebensmittelindustrie profitiert, wenn Menschen süchtig werden.
Die Massenvernichtungswaffenindustrie profitiert, wenn Regierungen in Konflikte geraten.
(83) Die Kirche sollte Regierungen dabei unterstützen, schädliche Gesetze zu erkennen und innovative Wege zu deren Änderung zu entwickeln. Dies ist besonders wichtig, wenn eine notwendige Änderung den Interessen privater Unternehmen zuwiderläuft, die mächtiger sind als nationale Regierungen.
(84) Die Kirche sollte ihre Kompetenz als unabhängigster und vertrauenswürdigster Berater derjenigen ausbauen, die die sichtbare Welt beherrschen.
Freilich braucht es viel Phantasie, um sich vorzustellen, dass die Römisch-Katholische Kirche sich einmal in diese Richtung entwickeln könnte. Aber daran fehlt es mir ja nicht. Siehe meine Vision vom nackten Papst.
Ja, ja, diese sicherlich genialen Ideen müsste ich jetzt freilich mal genauer erklären, und ganz so einfach wird es in Wirklichkeit sicher nicht funktionieren…