Mein Debüt als Schauspieler

Montag, 11. September 2023

Eine kleine estnische Firma (https://www.headsupcasting.com) suchte Leute zwischen 40 und 70, die in Estland leben und Deutsch oder Französisch als Muttersprache haben. Und die bereit wären, an einem Wochenende im Oktober nach Riga zu fahren, eine Rolle einzuüben und gefilmt zu werden. Kosten für Reise und Aufenthalt sowie ein nicht näher präzisierter Lohn gingen auf die Firma.

Da dachte ich mir „Wieso eigentlich nicht?“ und habe mich gemeldet.

Am Tag danach rief die Projektleiterin an und bat mich, mich selber auf einem Video von maximal einer Minute vorzustellen. Ich überlegte mir, was ich da sagen würde, und habe mich dann gefilmt, wie ich es vorlese:

Ich soll euch in einer Minute erklären, wer ich bin. Na dann mal los! Ich bin in Ostbelgien geboren und aufgewachsen, vor 55 Jahren, ich hatte da mit 30 einen guten Job als Progammie­rer, und hatte sogar schon ein eigenes Haus, und dann ist mir was passiert. Nämlich ich habe mich in eine Estin verliebt. Und kurz darauf, nachdem wir geheiratet haben, bin ich nach Estland aus­gewandert. Und ich habe das noch nie bereut. Ich habe sogar vor, hier zu sterben. Und wir haben zwei Kinder. Ich muss wohl sagen: wenn ich gewusst hätte, wie schwer es ist, verheiratet zu sein, dann hätte ich nicht geheiratet. Aber was für ein Glück, dass ich es nicht gewusst habe!

Als Softwareentwickler habe ich meine Kunden sozusagen mitge­bracht nach Estland. Denen war es egal, ob ich in Eupen oder in Tallinn sitze. Meine Kunden benutzen die Software, die ich ge­schrie­ben habe, und wenn sie Fragen oder Änderungswünsche haben, dann helfe ich ihnen. Dafür zahlen sie einmal im Jahr ei­nen festen Beitrag. Und so sind wir beide zufrieden, meine Kun­den und ich, schon seit über 20 Jahren. Ich habe hier in Estland meine eigene kleine Firma aufgebaut. Und seit 5 Jahren bezahle ich sogar zwei andere Informatiker als meine An­gestell­ten. Ich habe aber nicht vor, größer zu werden.

Mit Schauspielerei habe ich nie was am Hut gehabt. Und irgend­wie trotzdem immer wieder mal. Ich war Messdiener, ich war Pfad­finder, ich bin sozial engagiert, ich habe in vielen Chören ge­sung­en, da kommt man immer mal wieder in Situationen, wo mal was gesagt werden muss, und ich nehm dann kein Blatt vor den Mund.

Wenn du nichts Besseres zu tun hast, kannst du anschauen, wie ich diesen Text vorlese: https://youtu.be/7iFZSw8tjcQ