Reisebericht Erkner 2016¶
Sonntag, 13. November 2016. Heute nach dem Gottesdienst hatten wir alle Gemeindemitglieder ins Gemeindehaus eingeladen, um live unsere Eindrücke vom Besuch in Erkner zu hören und und Fotos zu sehen.
Siehe auch den Blogeintrag der Gemeinde Erkner. Meinen persönlichen schriftlichen Bericht will stückchenweise auf dieser Seite nachholen. Das Folgende ist also noch in Bearbeitung.
Donnerstag, 27. Oktober 2016. Heute sind Sirje, Heino, Ly, Mari, Iiris und ich um 13.55 von Tallinn nach Berlin losgeflogen, um unsere Freunde in Erkner zu besuchen. Die evangelische Kirchengemeinde Vigala ist mit ihren Schwestergmeinden in Erkner (bei Berlin) und Halstern (in den Niederlanden) seit 25 Jahren in Partnerschaft. Am Sonntag wird das Jubiläum offiziell gefeiert, am Montag feiern wir dortselbst noch den Reformationstag mit, an den Tagen davor und danach sind diverse Besuche und Ausflüge geplant. Als offizielles Geschenk haben wir zwei Dutzend Anstecknadeln im Gepäck, die wir namentlich allen verleihen wollen, die es verdient haben. Mari hat ihre Kandel dabei (genauer gesagt die von Krista), und mit Iiris haben sie den Choral „Mu süda ärka üles“ von Cyrillus Kreek eingeübt.
In Berlin Tegel empfingen uns Karin und Harald. Harald war eigentlich nur der Busfahrer, der uns im Kleinbus durch den Berufsverkehr vom Flughafen bis Erkner fuhr. Aber das reichte, um mir einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Ich darf ihn also als beeindruckenden Mann bezeichnen. Für die Fahrt, die immerhin mehr als eine Stunde dauert, saßen wir Männer vorne und die Frauen hinten. Um letztere brauchte ich mich nicht zu kümmern, die hatten es –dank Karins Unterhaltertalent– offenbar gut, jedenfalls habe ich während der ganzen Fahrt lediglich Bruchstücke von angeregten Gesprächen und kein einziges Zeichen von Ungeduld gehört. Nur einmal fragte Iiris „Wann kommen wir endlich an?“, aber da waren wir schon kurz vor der Autobahnausfahrt. So hatte ich also Zeit, Harald mit meinen Fragen auf den Keks zu gehen. Was er mit der Gemeinde zu tun habe, fragte ich zuerst. Offiziell nichts, denn er zahlt keine Kirchensteuer und ist somit nicht Mitglied. Nur dass seine beiden Töchter zum Jugendkreis gehen. Aber alles folgende zeigte, dass er wahrscheinlich mitgliedriger ist als manches zahlende Mitglied. Zum Beispiel hatte er sich auf Bitte des Pastors sogar einen Tag frei genommen, um uns abzuholen. Wieso er bei nur zwei Töchtern denn überhaupt einen Kleinbus brauche, fragte ich. Worauf er mir von Stevie erzählte. Bis zu Stevies Tod vor zwei Jahren hatten sie den Bus gebraucht, wenn sie sich mit ihm fortbewegen wollten. Stevie war Haralds schwerstbehinderter Sohn und –wie Harald es formulierte– „wohl eines der größten Geschenke, die Gott uns gemacht hat. Bei der Geburt prophezeiten die Ärzte, dass er höchstens 8 Jahre leben würde, deshalb sind wir dankbar, dass wir fast 20 Jahre lang miteinander leben durften.“ So redet kein Atheist, bemerkte ich. Ich habe das deutliche Gefühl, dass Leute wie Harald zum Reich Gottes gehören. Sein Name ist vielleicht nicht in Dagmars Mitgliederlisten, wohl aber im Buche des Lebens verzeichnet. Und Harald, wenn du mal eine Bibel zwischen die Finger kriegst, dann lies doch die Geschichte von Sara im Buch Genesis, Kapitel 18.
Kurz nach unserer Ankunft rief mich mein Bruder an, um mir zu sagen, dass unser Vater gestorben ist. Wir beschließen, dass ich meinen Rückflug storniere und stattdessen am Sonntagnachmittag mit dem Zug von Berlin nach Aachen fahre. Bis Sonntag kümmert hilft mein Bruder meiner Mutter bei den Formalitäten, und ab Sonntagabend werde ich dann für ca. eine Woche in Eupen sein.
Freitag, 28. Oktober 2016. Vormittag und Mittagessen in den Gastfamilien: Sirje und Heino logierten bei Anke und ihrer Familie, wir vier beim Pastor und seiner Frau.
Nachmittags alle zusammen Besuch der Wohnstätten Gottesschutz, danach Suppe in Karins Einzimmerwohnung.
Um 19 Uhr Gesprächskreise im Gemeindehaus. Hier packte ich ein geistiges „Geschenk“ aus, das ich eigentlich als gescheitert klassiert hatte. Nämlich hatte ich im Vorfeld drei Christen von Vigala zwei Fragen gestellt: Welches ist die Aufgabe der Kirche? und Was konkret müsste die Gemeinde von Vigala tun, wenn genügend Geld und Personal da wären? Eigentlich hatte ich mehr Leute interviewen und dann eine Zusammenfassung ihrer Aussagen schreiben wollen, aber das war mir nicht gelungen. Nun las ich mittags den Bibeltext, der abends gelesen werden würde: „Wer mir folgen will, darf nicht an seinem Leben hängen. Er muss sein Kreuz auf sich nehmen und mir auf meinem Weg folgen. … Was nützt es einem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, aber sein Leben dabei verliert? (…)“ (Markus 8,34-37) Da dachte ich: Gemeinden können nur leben, wenn ihre einzelnen Mitglieder sich einbringen. Ist es nicht genau das, wenn Menschen Jesus folgen wollen? Dieser Text hat mit meinen Fragen zu tun! So brachte ich meine Fragen nun auch hier vor unsere Gesprächsgruppe. Und –soweit ich das beurteilen kann– war das resultierende Gespräch sehr inspirierend.
Samstag, 29. Oktober 2016. Ausflug ins Oderbruch: Besuch der Senffabrik in Wriezen Blick über die Grenze nach Polen und Gruppenfoto in Zollbrücke und Dorfführung durch Neulietzegöricke, dem ältesten Kolonistendorfes im Oderbruch.
Fotos von diesem Ausflug auf der Webseite der Kirchengemeinde Erkner.
Sonntag, 30. Oktober 2016. Im Gottesdienst danken wir für die Partnerschaft. Seit 35 Jahren unterstützt die Gemeinde von Halsteren (NL) die von Erkner, und seit 25 Jahren gehört auch Vigala (Estland) dazu.
In Vigala hatten wir uns deshalb überlegt, dass wir all jenen mal namentlich und offiziell „Danke“ sagen möchten, die sich im Laufe dieser Jahre persönlich für diese Partnerschaft eingebracht haben. Als Zeichen dieser Dankbarkeit überreichten wir heute jedem eine Anstecknadel mit einem Apfelbäumchen.
„Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen“. Diesen Satz Martin Luthers hat die ev. Kirche in Estland für das Reformationsjubiläum zum Leitmotiv gewählt (Aufruf des Erzbischofs Urmas Viilma) und will in diesem Jahr 500 Apfelbäume pflanzen. Einer davon steht jetzt neben der Kita in Erkner. Was man übrigens auch in Estland erwähnenswert hielt: Õunapuu istutamise idee on jõudnud Saksamaale.
Fotos vom Gottesdienst auf der Webseite der Kirchengemeinde Erkner.
Mari und Iiris hatten ebenfalls einen Beitrag: sie führten den Choral „Mu süda ärka üles“ von Cyrillus Kreek auf. Iiris war leider am Tag zuvor krank geworden und sang deshalb nicht so kräftig mit wie geplant.