Der Winter ist da

Samstag, 25. November 2023

Hallo Freunde,

hier noch mal ein paar Schnappschüsse aus unserem Leben, ohne Anspruch auf Repräsentativität.

Im Oktober war ich (wie angekündigt) für zwei Wochen in Belgien. Diesmal blieb ich für die ersten beiden Nächte in Brüssel bei Georg und Levke. So konnte ich Georgs Parkplatz in der historischen Innenstadt gleich beim Manneken Pis bestaunen und dann ganz allein zu seiner Wohnung zurück spazieren.

Eines kann ich rückblickend auf meinen Spaziergang durch Brüssel prophezeien: wenn Google erst mal das de-facto-Monopol auf Navigationshilfen hat, wird Orientierung teuer!

Auch in Eupen ging ich gelegentlich spazieren. Einmal mit einem Freund, der dabei einen Steinpilz fand und mir schenkte. Anschließend briet und aß ich ihn ganz allein. Für zwei Leute wäre er eh zu klein gewesen (siehe Bild). Das Foto steht aber nur platzhaltend für etwas, das ich schon seit Monaten mal schreiben wollte. Besagter Freund hat ärztlich bescheinigten Burnout. Burnout hat verglichen mit Krebs ein weitaus ungünstigeres Renommé. Wer Krebs hat, darf im sozialen Umfeld mit bedingungsloser Anteilnahme rechnen, während Burnoutpatienten zuweilen sogar mit „das ist doch nur eingebildet“ konfrontiert werden. Ich schäme mich fast schon, dass ich mit so wenig Leid so viel Aufmerksamkeit meiner Freunde erhalten habe, während so viele Menschen deutlich mehr leiden ohne dass es jemand merkt.

Zwei halbe Tage verbrachte ich bei meinem Bruder mit dem Wiederbeleben alter Erinnerungen. Ich musste nämlich etwa einen Kubikmeter Diapositive meiner Eltern aus den Jahren 1966 bis 1996 durchschauen. 4500 davon warf ich in den Müll, weil sie keinen emotionalen Wert hatten, und 500 blieben übrig, damit mein Bruder sie später eingescannt. [Siehe auch P.S.]

Zwei Teenager im Haus. Am Wochenende vor Allerheiligen hatten wir Aino zu Besuch. Aino war zwei Schuljahre lang Iirisens Klassenkameradin, aber dann zog ihre Familie nach Finnland zurück. Die ersten Schulferien nutzte sie nun aus, um mit Iiris zu einem Cosplay-Festival in Tallinn zu gehen. Ich fand das gut, denn mit zwei Teenagern ins Gespräch zu kommen ist leichter als mit einem.

Mari pendelt jetzt zwischen Tallinn und Tartu hin und her. Mal mit dem Zug, mal mit dem Bus, mal mit dem Auto. Als ich zwei Wochen in Belgien war, hatte sie unser Auto sogar ganz für sich allein und machte am Wochenende prompt eine Spritztour nach Riga, um eine Freundin nach Hause zu fahren. Von Tartu nach Riga sind es ja nur 250 Km.

Vorige Woche habe ich entdeckt, dass ich morgens ganz gerne schwimmen gehe. Zehn Minuten mit dem Stadtbus bis zum Schwimmbad, nach dem Umziehen zuerst mal in die Sauna zum Aufwärmen, dann zehn Längen schwimmen, dann mit Keks und Erdnüssen ein zweites Mal in die Sauna, daraufhin nochmal zehn Längen und zuletzt wieder in die Sauna. Aller guten Dinge sind drei.

Ja, in Estland haben wir inzwischen Winter. Die Winter hier sind noch echte Naturerlebnisse, bei denen man die eigene Kleinheit und Verletzlichkeit täglich erfahren kann. Das genieße ich jetzt wieder ganz neu, nachdem ich den letzten Winter verpasst habe. Unsere Wohnung vor und nach dem Schwimmen.

Eine unerfreuliche Nachricht habe ich leider auch. Während ich in Belgien war, hat Ly in beiden Knien eine akute Schleimbeutelentzündung bekommen und geht seit meiner Rückkehr, also schon mehr als einen Monat lang, mit Krücken durch die Wohnung. Sie ist sogar –erstmals seit ich sie kenne– zum Hausarzt gegangen und hat sich röntgen lassen. Bitte betet mit uns, dass das bald wieder vorbei ist.

Liebe Grüße aus Tallinn und Tartu von

Luc mit Ly, Mari und Iiris

Diesen Rundbrief habe ich per E-Mail an alle verschickt, die in meiner Freundesliste stehen.

Errata

  • Es war kein Steinpilz sondern ein Maronenröhrling.

  • Es waren nicht 500 sondern knapp 900 Dias übriggeblieben.

P.S.

Falls ihr mal bei Haushaltsauflösung oder beim Aufräumen auf alte Fotos, Dias, Briefe, Postkarten oder Dokumente stoßt, denn macht es nicht wie meine Geschwister und ich, sondern sprecht zuerst mal mit dem Kgl. Eupener Geschichts- und Museumsverein. Alles, was potentiell mit Eupen zu tun hat, kommen die kostenlos abholen.