Reportage über die Opfer pädophiler Priester

23.-26. Dezember 2023

Ich habe die Reportage Godvergeten (4 x 45 Minuten in Flämisch) geschaut. Zeugnisse von Opfern pädophiler Priester sowie von Menschen, die versucht haben, gegen die Täter vorzugehen.

Die Reportage basiert auf der Arbeit von Rik Devillé, einem inzwischen pensionierten katholischen Priester, der seit 30 Jahren Berichte von Opfern sammelt. Rik Devillé, le prêtre belge retraité en croisade contre les abus sexuels dans l’Eglise

Parallel dazu habe ich auch einige Stellen im Wikipedia-Artikel über Pädophilie gelesen.

Ich bin kein Psychologe und kein Jurist, aber ich habe natürlich Reaktionen.

Erstens: wie gut, dass diese Skandale endlich ans Tageslicht kommen! Es wurde aber auch höchste Zeit!

Zweitens: Ich bin nach dieser Reportage mehr denn je überzeugt, dass die Römisch-Katholische Kirche auf dem richtigen Weg ist. Sie hat freilich eine tiefgreifende Revolution vor sich.

Lösungen noch nicht in Sicht

Die Reportage ist wichtig, weil sie endlich den Teppich, unter dem sich so viel Dreck angesammelt hat, aus dem Zimmer holt.

Von konkreten Lösungsvorschlägen ist sie weit entfernt. Dazu ist es auch zu früh. Sie fordert zu Recht erst einmal einfach nur Bewusstseinsbildung und echte Umkehr statt leeren Lippenbekenntnissen.

Pädophilie zu verteufeln ist keine Lösung. Es wird immer pädophile Menschen geben. Wir sind entsetzt über diese Zeugnisse, und das ist gerechtfertigt, denn hier werden ein Dutzend Menschen gezeigt, deren Glück lebenslänglich durch die Schuld anderer zerstört wurde. Wir hören, dass es inzwischen tausende belegte Fälle gibt. Aber ich stehe letztlich trotzdem da und frage mich „Okay, aber Millionen Flüchtlinge durchleben doch ebenso entsetzliche Dinge. So what?“

Den Zölibat abzuschaffen wäre keine Lösung. Ich glaube nicht, dass der Zölibat in irgendeiner Weise Pädophilie verursacht oder begünstigt. Marc Dutroux war kein Priester. Was wohl sein kann: dass pädophile junge Männer sich bewusst oder unbewusst zum Leben als Priester entscheiden in der Hoffnung, trotz ihrer sexuellen Störung ein sinnvolles Leben zu führen. Das ist aber kein Argument gegen den Zölibat. Eher im Gegenteil. Wie gut, dass es einen anerkannten Status gibt, bei dem Sexualität nicht erforderlich ist.

Kirche vor der Revolution

Die Römisch-Katholische Kirche hat eine tiefgreifende Revolution vor sich. Das war vielen auch ohne diese Skandale schon klar. Wahrscheinlich hat die Weltsynode dazu beigetragen, dass diese Skandale ans Tageslicht kommen. Diese Revolution kündigt sich immer deutlicher an. Es geht um viel mehr als um den Umgang mit pädophilen Priestern.

Die Hauptursache für diese Skandale ist meines Erachtens die Praxis, unangenehme Informationen geheim zu halten. Der Glaube, dass das überhaupt möglich ist, und die administrativen Mechanismen, die das begünstigen. Da muss die Römisch-Katholische Kirche an ihrem modus vivendi et operandi arbeiten, also es geht um die rein juristischen bzw. administrativen Maßnahmen. Mein Vorschlag: Public money, public activity

Keiner kann vorhersagen, welche Teile der bestehenden –momentan sichtbaren– Kirche diese Revolution überleben werden, aber die Kirche im eigentlichen Sinne wird nicht nur bestehen bleiben, sondern gestärkt daraus hervorgehen. Denn es wird immer wieder Menschen geben, die das Evangelium erfahren und es verkünden wollen. Das Evangelium kann nicht rückgängig gemacht werden. Und Menschen mit gemeinsamen Ziel werden sich immer organisieren. Ich sehe weiterhin keine Organisation als die Römisch-Katholische Kirche, die die Aufgabe („Mission“) der Kirche besser erfüllen könnte.

Die zwei Arten von Kirche

Ich sehe auch mal wieder: es gibt zwei Organisationen, die sich „Kirche“ nennen. Die sehen sich je nach Blickwinkel recht ähnlich, aber nur eine der beiden verkündet die Frohe Botschaft, während die andere das Gegenteil predigt.

Diese „andere“ Kirche ist lauter und scheint stärker. Aber das ist nur, weil die meisten Menschen einfach aufgehört haben, sich als Kirche zu verstehen.

Spätestens seit das Christentum im Alten Rom Staatsreligion geworden ist, ist auch die „andere“ Kirche wieder mit dabei, die Organisation, bei der es um Geld und Macht geht, die Organisation der Pharisäer, die Organisation, gegen die Jesus zeitlebens gekämpft hat und die ihn ermordet hat.

Aber ach! was rede ich schon wieder über geistige Themen… ich habe mir doch vorgenommen, meine Energie nicht mehr zu vergeuden in Kommunikationsarbeit, für die mich niemand bezahlt!