Pfingsten mit Fahnenweihe

Sonntag, 20. Mai 2018. Heute feiern die Christen in aller Welt Pfingsten. Jesus war am Kreuz gestorben und dann auferstanden, eine Zeitlang seinen Jüngern immer wieder erschienen und schließlich in den Himmel aufgefahren. Jetzt waren die Jünger allein und hatten Angst vor denen, die Jesu Lehre und deren Anhänger ausradieren wollten. Aber Jesus hatte ihnen den Heiligen Geist versprochen, der würde sie trösten und ermutigen. Sie trafen sich insgeheim und beteten. Und da kam dann er dann auf sie herab. Und zwar genau, als in Jerusalem tausende Pilgerer zum Wochenfest der Juden angereist waren aus vielen Ländern. Und sie fingen an, die Frohe Botschaft zu verkündigen. Pfingsten ist sozusagen der Geburtstag der Kirche. Die Christen hatten nicht nur keine Angst mehr, sondern auch keine Sprachenprobleme mehr: wie durch ein Wunder hörten die vielen Angereisten sie jeder in seiner Sprache reden.

Auch in Vigala hatten wir zu Pfingsten viele Angereiste, die die Sprache der Christen kaum verstehen.

Die Kirche von Vigala ist in Estland bekannt als ein Denkmal für die Gefallenen der Freiheitskriege. Sie ist ein Zeuge für die Schlauheit und Widerstandsfähigkeit des estnischen Volkes gegen fremde Machthaber. So gelang es der Bevölkerung von Vigala zum Beispiel, zur Sowjetzeit die Kirche vor allzu großem Schaden zu bewahren. Sie übertünchten die Namen der Gefallenen auf den Steintafeln mit Kalk, sie entfernten und versteckten die beiden Statuen „Bauer“ und „Krieger“, und konnten dadurch das Denkmal nach der Besetzung wieder herstellen. Auf so was ist man hierzulande stolz.

Im Jahr 1939 war der Gemeinde eine große estnische Flagge geschenkt worden, die aber leider schon im Jahr danach durch die Behörden verbrannt wurde. Daran erinnerte sich nun unser Gemeindevorstand, ließ eine Rekonstruktion der Flagge anfertigen und lud nun ein zur Fahnenweihe. Drei hochkarätige Musiker (die Sopranistin Jaanika Kuusik, der Trompetist Priit Aimla und der Organist Andres Uibo) verschönerten den Gottesdienst. Und prompt war unsere Kirche gefüllt mit Menschen! Am Pfingsttag.

Und Bischof Joel Luhamets predigte ihnen: „Wir lassen uns von vielen Geistern inspirieren. Aber Gottes Geist, den kriegt man nur, wenn man darum bittet. Gottes Wille kann in unserem Leben nur dann geschehen, wenn wir beten.“

Später beim Weiheakt bat er dann im Namen aller Versammelten: „Verbinde alle, die sich unter dieser Fahne sammeln, in Friede und Einigkeit.“

Beim Kirchengebet konnte man den Herrn Bischof und die Frau Pastorin in einträchtigem gemeinsamem Gebet sehen. Ein schönes Zeichen angesichts der Polemik zur Frauenordination, die stellenweise innerhalb der EELK und nicht zuletzt im Kirchenkreis Pärnu wütet.

Der Gottesdiest war lang und feierlich, trotzdem durfte ich über Sprachbarrieren vor all diesen Leuten auch eine Übersetzung der Grüße aus unserer Partnergemeinde Erkner vorgelesen:

Liebe Geschwister!

Unsere Vigala-Kerze wird erst am Pfingst-Montag abends brennen, da wir am Sonntag um 10 Uhr in den Wohnstätten Gottesschutz mit den behinderten Gottesdienst feiern. Montag um 19 Uhr dann Abendmahls-Gottesdienst in der Kirche. Leider konnte von uns keiner zu euch nach Kivi-Vigala kommen. Das tut uns leid. Wir haben ja mitbekommen, wie wichtig dieser Tag und die neue Fahne für euch ist. Gerne wären wir bei euch! Aber wir sind in Gedanken und Gebeten bei euch. Und so wünschen wir Euch einen gesegneten Gottesdienst, ein geistreiches Beieinander-Sein und wissen uns mit euch in Christi Geist verbunden! Hoffentlich auf bald! Für den Gemeindekirchenrat aus Erkner, Carsten Schwarz

So ein langer feierlicher Gottesdienst ist freilich nichts für Kinder, Aber Iiris und Hannah vertraten die Sonntagsschule mit allen Ehren.

Nach dem Gottesdienst wurde die geweihte Fahne feierlich gehisst. Zehn Träger, und jeder davon trug weiße Handschuhe.

Und dann stand ein weiterer historischer Akt auf dem Programm: zwei Elternpaare, deren Kind im hundertsten Geburtsjahr der Republik Estland geboren wurden, pflanzten eine Eiche neben die Kirche. Auch hier ergriff der Bischof das Wort und bat um Gottes Segen.

Dabei kam übrigens ein Wildfremder auf mich zu und sagte „Das war wohl schön, dass wir auch aus Deutschland Grüße bekommen haben.“

Und dann gab es Kaffee und Kuchen bei herrlichem Sonnenschein, und auch hier ergriff der Bischof das Wort und zitierte Psalm 145: „Aller Augen warten auf dich und du gibst ihnen ihre Speise zur rechten Zeit. Du tust deine Hand auf und sättigst alles, was lebt, mit Wohlgefallen. Gerecht ist der HERR auf all seinen Wegen und getreu in all seinen Werken.“

So funktioniert Pfingsten hier in Estland :-)

Nach Kaffee und Kuchen gab es noch eine Reihe von Vorträgen in der Kirche, aber wir hatten für heute genug. Wir wollten das schöne Wetter nutzen und schwimmen gehen.