Lucs Geburtstagspredigt

Sonntag, 24. Juni 2018. Als bei der Grillhütte so zufrieden beisammen lagen (siehe Reiserückblick), erwachte Günter einmal aus einem Halbschlaf und rief „He Luc, was mir gestern abend gefehlt hat, ist deine Predigt.“

In der Tat war ich am Samstagmorgen mit dem Gefühl aufgewacht, dass ich am Abend eine Rede halten müsse. Der Haken dabei war, dass das, was ich sagen wollte, eher besinnlich als lustig war und außerdem überraschend gut mit dem morgigen Sonntagsevangelium zusammen passte. Deshalb kündigte ich Günter an, dass ich –wenn überhaupt– eine Predigt halten würde. Daran hatte er sich jetzt erinnert. Hier der Text, den ich daraufhin vortrug.

Wenn ihr mir das Wort gebt, dann muss ich euch warnen. Ihr kriegt jetzt eine echte Predigt zu hören. Hab ich gestern morgen geschrieben. Für euch. Ihr werdet nicht viel zu lachen kriegen. Aber naja, es gibt Dinge, die sind nicht lustig aber trotzdem schön und wichtig.

Weil ihr es ja wahrscheinlich nicht schaffen werdet, heute zur Messe zu gehen, will ich euch jetzt mal das Evangelium vorlesen.

Lk 1,57-66.80 : Für Elisabeth kam die Zeit der Niederkunft, und sie brachte einen Sohn zur Welt. Ihre Nachbarn und Verwandten hörten, welch großes Erbarmen der Herr ihr erwiesen hatte, und freuten sich mit ihr. Am achten Tag kamen sie zur Beschneidung des Kindes und wollten ihm den Namen seines Vaters Zacharias geben. Seine Mutter aber widersprach ihnen und sagte: Nein, er soll Johannes heißen. Sie antworteten ihr: Es gibt doch niemand in deiner Verwandtschaft, der so heißt. Da fragten sie seinen Vater durch Zeichen, welchen Namen das Kind haben solle. Er verlangte ein Schreibtäfelchen und schrieb zum Erstaunen aller darauf: Sein Name ist Johannes. Im gleichen Augenblick konnte er Mund und Zunge wieder gebrauchen, und er redete und pries Gott. Und alle, die in jener Gegend wohnten, erschraken, und man sprach von all diesen Dingen im ganzen Bergland von Judäa. Alle, die davon hörten, machten sich Gedanken darüber und sagten: Was wird wohl aus diesem Kind werden? Denn es war deutlich, dass die Hand des Herrn mit ihm war. Das Kind wuchs heran, und sein Geist wurde stark. Und Johannes lebte in der Wüste bis zu dem Tag, an dem er den Auftrag erhielt, in Israel aufzutreten.

Ja, das ist echt der Text, der heute in allen katholischen Kirchen der Welt verlesen wird.

Was wir da gehört haben, ist ja nur das Ende einer längeren Geschichte. Ich erzähl sie mal kurz.

Es war einmal ein König und eine Königin, die hatten einander sehr lieb und waren auch beim Volk sehr beliebt, aber sie hatten keine Kinder. Sie waren schon im vorgerückten Alter. Ich würde mal sagen 50 zählte damals schon als vorgerücktes Alter.

Genauer gesagt waren Zacharias Elisabeth kein Königspaar, aber sie waren „gerecht vor Gott“ und im Dorf beliebt. Und damals war die Dorfgemeinschaft wichtiger als heute. Nicht dass sie heute unwichtig wäre, das sieht man an der urbanistischen Entwicklung Heppenbachs der letzten 30 Jahre.

Aber sie waren eben „unfruchtbar“, wie man so sagt. Wenn eine Ehe nicht mit den erhofften Kindern gesegnet wird, dann ist das hart. Da heiratet man, baut ein Nest, um Kinder groß zu ziehen, und dann kommen die Kinderlein einfach nicht! Es klappt nicht! Da kann man schon dran verzweifeln. Wenn man sich dessen bewusst wird, dass man kinderlos bleiben wird, ist das heute noch genauso schlimm wie damals, und wird garantiert auch immer schlimm bleiben.

Es gibt Ehen, die wegen Unfruchtbarkeit wieder auseinander brechen. Andererseits sind es auch gerade kinderlose Ehepaare, aus denen (wenn sie durchhalten) sozusagen ganz besondere „Kinder“ erwachsen. Das kinderlose Ehepaar Zacharias-Elisabeth ist eines von jener letzteren Sorte. Sie halten zusammen. Und trotz des fehlenden Kindersegens sind sie in ihrem Dorf geachtete Leute. Daraus lese ich: Sichtbare Fruchtbarkeit ist eben _nicht_ nötig zum Glücklichsein.

Was denn dann? Ja, das ist die große Frage, auf die die Menschen bis heute viele Antworten produzieren,

Aber okay, ich wollte euch ja die Geschichte erzählen. Nicht genug dass sie im vorgerückten Alter noch kinderlos sind. Nein, dann kriegt der Mann auch noch einen Hirnschlag! Kann nicht mehr sprechen. Aphasie nennen wir es heute. Hat mein Schwiegervater gehabt in den letzten Jahren vor seinem Tod. Damit dürften auch die letzten Hoffnungen auf Kindersegen und Familienglück zunichte sein. Das war der Schlussstrich, das Ende.

Aber das mit dem Hirnschlag ist in der Bibel anders erzählt. Da war ein Engel gekommen und hatte dem Z gesagt, dass E einen Sohn kriegen würde. Da sagte Zacharias “Du bis jeck”. Da war der Engel beleidigt und zur Strafe hat er dem zach die Sprache verschlagen.

Und kurz darauf passiert völlig unerwartet das Jecke. Die Frau wird schwanger. Dass eine Frau mit 50 ihr erstes Kind kriegt, das kommt selten vor, aber ist nicht unmöglich. Also nichts Übernatürliches. Der Lebenstraum der beiden geht in Erfüllung. Happy End.

Aber der Engel hatte eine Bedingung: dass er den Sohne nicht Zacharias taufen solle, sondern Johannes. Das mit der Namenswahl kommt uns heute vielleicht unscheinbar vor, aber soweit ich mich in jüdischer Geschichte auskenne, war das ein ziemlicher Affront gegen das Establishment: erstens sich nicht an die Tradition halten, zweitens warf das ja geradezu Öl ins Feuer der Gerüchteküche: Wer ist der wahre Vater des Kindes? Kann es sein, dass der Gärtner Johannes hieß?

Aber genug dazu. Ich versuch mal auf den Punkt zu kommen.

Was ist nötig, um glücklich zu sein? Jesus hat es einmal so formuliert: Du musst erstens Gott lieben. Also seine Schöpfung, die ganze Menschheit, mit all deiner Kraft und all deiner Seele. Und zweitens ebenso wichtig: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst. Sogar deine Feinde. Manche tun mehr das eine, manche eher das andere. Aber beides ist wichtig. Und manche lieben nur sich selbst oder irgendwelche Götter. Fussball. Oder das Geld.

Wenn ich mit Günter philosophiere, dann kommen wir letzten Endes immer zu genau dieser Formulierung. Ich bin immer wieder begeistert, wie viele Beispiele für diese Philosophie Günter aus seinem Leben erzählen kann. Und ich staune immer wieder, wie glücklich Günter ist. Mit seiner Erika.

Was ist nötig, um glücklich zu sein? Ich würde es mal Gottesfurcht nennen. Ehrfurcht vor Gott. Das allein genügt. Mit Gottesfurcht meine ich wohlgemerkt nicht „Jeden Sonntag in die Messe gehen“. Sondern eher sich an Jesu Liebesgebot halten. Das ist nicht messbar. Aber bon, Z&E hatten es kapiert. G&E auch.

Wieso ich so eine Predigt halte? Ich behaupte ja: Wir alle sind Engel. Gott hat niemanden außer uns, um die Frohe Botschaft zu verkünden. So wie ich gerade geredet habe, solltet ihr eigentlich alle gelegentlich reden. Amen.

Günter meinte anschließend „Ist wohl gut, dass du den nicht gestern gelesen hast, der wäre da nicht angekommen.“