Wieder daheim

Freitag, 18. August 2017. Gestern abend um 22.22 Uhr sind wir wieder gut wieder daheim angekommen. Jetzt regnet es leider, so dass ich den Rasen nicht mähen kann und stattdessen Rundbrief schreiben muss. Es war mal wieder eine Reise mit vollem Programm und voll bereichernder Erlebnisse.

Meine Mutter war inzwischen aus ihrem Kurzurlaub im Krankenhaus zurück und konnte uns im „Hotel Mama“ wie eh und je willkommen heißen. Wie eh und je ist sie noch nicht wirklich in eine erlöste kontemplative Lebensphase eingetreten, die ihr ein wertungsfreies Betrachten anderer Lebensweisen ermöglichen würde. Ungeachtet dessen zeigte sich täglich an allen Ecken und Kanten, wie sehr Ly und die Kinder sie lieben und wie sehr sie uns liebt.

Was die Arbeit betrifft, hatte ich einige wichtige Treffen mit Kunden und Partnern. In unserer immer „liberaler“ werdenden Welt gerät „freie“ Software paradoxerweise immer mehr an den Rand. Zumindest scheinbar, zumindest in Ostbelgien. Nur wenige Außenseiter sehen, dass man auch ohne die etablierten proprietären Softwaremonopole funktionieren kann. Da gibt es noch viel zu tun an Öffentlichkeitsarbeit. Lino ist zum Glück ein kleiner Hoffnungsschimmer, aber es wird immer deutlicher, dass ich alleine machtlos bin und die richtigen Mitstreiter finden muss. Das war mir schon vor meiner Reise klar (siehe Lino braucht Menschen) und ich hatte eigentlich gehofft, konkrete Bewerber zu treffen. Diesbezüglich bin ich leider eher enttäuscht, aber zum Glück nicht entmutigt.

Wieder mal haben wir erfreulich viele Freunde getroffen und viele andere leider verpasst. Für nächstes Mal nehme ich mir vor, meine Reisedaten zeitiger mitzuteilen. Insgesamt mache ich mir aber keine Illusionen: unsere Besuche in Eupen werden wohl immer recht dynamisch und teilweise unplanbar sein.

Das Wochenende in Taizé verlief besser als geplant und war eine Wohltat für uns alle. Wir fuhren mit Bruno Q. in dessen Auto, und es tat mir gut, nach langer Zeit noch mal tiefgehendere Männergespräche führen zu können. Die meisten Männer hier in Estland öffnen sich erst, wenn sie zu viel getrunken haben. Wir begegneten Bruder Richard, der mein geistiger Begleiter war in jener fatalen Woche im August 1998, als ich Ly zum ersten Mal sah. Und wir begegneten nach zehn Jahren Judith und Werner, die wir bei unserem letzten Besuch im August 2007 kennengelernt hatten.

Ich selbst war ja im Vorfeld sehr skeptisch gewesen, dass ein so kurzer Besuch sinnvoll sein kann. Nach Taizeé sollte man eigentlich für eine ganze Woche fahren. Wir haben das eigentlich nur gemacht, weil Ly so beharrlich darauf drängte. Und weil ich so beharrlich glaube, dass bei Meinungsverschiedenheiten der Andere seltener Unrecht hat als man meint. Also dieser Besuch war eine Bestätigung meiner Faustregel „Wenn deine Frau sich sicher ist, dann höre auf sie, denn erstens hat sie dann womöglich Recht und zweitens wäre es sowieso mehr Arbeit, sie umzustimmen, als nachzugeben.“

Unsere Rückreise nach Estland hat ein bisschen länger gedauert als geplant, weil in Riga die Bremsen unseres Autos quietschten. Das hat das seit einigen Jahren schon mal öfter. Baujahr 2004 und 230.000 Km gefahren. Das kommt, wenn die Bremsklötze auch bei losgelassener Bremse noch gegen die Bremsscheibe drücken, und das scheint eine Schwachstelle bei Opel Meriva zu sein. Ich hatte auch Öl dabei und ein paar Tricks, mit denen ich die Symptome schon mehrmals lindern konnte, aber diesmal hörte es nicht mehr auf und ich fuhr in einem „autoserviss“ an. Der tätowierte Mechaniker (Jānis heißt er) fand die Wurzel des Übels recht schnell, der Bremskolben war verklemmt und wollte partout nicht mehr in seine normale Position zurück. Jānis hatte natürlich keinen linken hinteren Bremskolben eines Opel Meriva auf Lager. Aber er fuhr mit unserem Kolben zu einem Freund, der das Teil wieder funktionsfähig machte. Wie die beiden das genau hingekriegt haben, habe ich leider nicht verstanden, dazu reichten Jānis‘ Englisch bzw. meine in Mechanik nicht. Und sowieso reichte uns nach zwei Stunden Ungewissheit die frohe Nachricht, dass wir mal wieder Glück im Unglück hatten und nicht in Riga zu übernachten brauchten.